Donnerstag, 28. Februar 2013

GartenKinder

Werden wir nach und nach alle zu Gemüsemuffeln? Sterben nach und nach bestimmte Gemüsesorten aus, weil keiner sie mehr nachfragt? Schwarzwurzeln – weil sie beim schälen braune Finger machen – oder Rote Bete, die machen eben rote Pfoten! Blumenkohl, weil er „duftet“ und Rosenkohl, weil er so viel Arbeit macht? Was ist mit all den Rüben: Teltower, Mairübchen, Butterrüben und Steckrüben? Oder gar Rübstiel, Du heute heißgeliebter Horror meiner Kindheit! Und finden wir Pastinaken dann nur noch in Babygläschen? Petersilienwurzeln und Topinambur höchstens im Sternerestaurant? Manchmal kommen mir diese bunten Gemüsesorten wie Kometen vor, die noch einmal hell erstrahlen am Küchenhimmel, um dann auf immer zu verglühen. Dabei entlockt die Forschung ihnen nach und nach ihr Gesundheitsgeheimnis – sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe sind das Zauberwort für die wohltuende Wirkung, die von den unterschiedlichen Gemüsesorten ausgehen, von Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen ganz zu schweigen. Oder gar von ihrer Fähigkeit satt zu machen. Ich bin sicher: mit drei Gemüseportionen pro Tag wird keiner mehr dick!

Und was passiert? Klar: Tomate forever! Auch gerne als Pferde-Bolognese, getrocknet als Antipasti und einfach als Ketchup. Gerne Erbsen, adrett aus der Tiefkühltruhe. Wellen-Karotten, Brokkoli und Champignons. Vielleicht noch Paprika und Salat. Und Kürbis zu Halloween. Basta.

Das darf nicht sein. Aber wie können wir das Ruder herumreißen? Junge Eltern sind heute ja selber schon als Gemüsemuffel aufgewachsen. Und ohne Vorbild läuft in der Ernährungserziehung garnix! Wir erziehen konfliktarm, sagt die peb-Studie. Und einigen uns auf Spaghetti, Pommes und sonst nix.

Und genau deshalb liebe ich GartenKinder. Kinder müssen ja erstmal auf den Gemüsegeschmack kommen. Leider ist nicht zu erwarten, dass Karotten mit Sticker verpackt werden oder Rosenkohl mit Rubbellosen oder dass es ein Sammel-Matchboxauto für 10 Pastinaken gibt. Das sind nämlich Argumente, die nachweislich ziehen. In einer englischen Studie konnten Sticker Gemüse bei Kindern sogar langfristig zum Durchbruch verhelfen.

Ich glaube: GartenKinder kann das auch. Wenn nämlich so ein Zwerg – dessen Vater Gemüse als Kaninchenfutter bezeichnet und dessen Mutter Salat und Tomaten für die einzig akzeptablen Gemüsesorten hält – also wenn so ein kleiner Gemüsemuffel in zweiter Generation seine erste kleine, knackige Zucchini erntet. Und seine erste Kresse schneidet, ein wundersam entstandenes Möhrchen erntet oder so eine breite, grüne Feuerbohne....dann beginnt eine wunderbare neue Gemüsegeschichte. Dann ist das Geschmackstor ganz weit geöffnet für neue Vorlieben, Gewohnheiten und Kenntnisse. Wer schon im Vorschulalter dem Geheimnis des Wachsens und Gedeihens auf die Spur kommt, neue Geschmäcker kennenlernt, sie anfasst, riecht, schält und schneidet – den wird das auf seinem ganzen weiteren Leben begleiten. Und vielleicht gelingt es diesem GartenKind dann sogar, seine Eltern zu überzeugen! Denn ein Gemüsegarten ist ein Abenteuer. Und die Gemüseküche auch.